Buch

Eden Culture

Ökologie des Herzens für ein neues Morgen

Johannes Hartl gilt als einer der einflussreichsten Vermittler zwischen Spiritualität, Philosophie und Psychologie im deutschsprachigen Raum. Er versteht es, Menschen mit Glaubensthemen quer über Konfessionsgrenzen anzusprechen. In seinem Buch „Eden Culture – Ökologie des Herzens für ein Morgen“ geht es um unsere Zukunft. In welcher Welt wollen wir morgen leben? Der Autor äußert Verständnis für die Klimaschutzbewegung, mahnt aber gleichzeitig, vor lauter Umweltschutz den Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Viele Menschen bleiben heute beim Umweltschutz stehen. Dieser Ansatz ist allerdings kurzsichtig. Wenn nämlich alles ausstirbt, was uns als Menschen ausmacht, kann das Wasser, die Luft und der CO2-Gehalt allein auch nicht retten. Hartl setzt tiefer an: Umweltschutz muss an die innere Umkehr gekoppelt sein. Auch das Herz braucht Ökologie. Deshalb der Ausdruck „Ökologie des Herzens“. Der Autor, der Philosoph und Theologe ist, führt einen Gedanken weiter, den Papst Benedikt XVI. geäußert hat, als er 2011 bei der Rede im Deutschen Bundestag von der „Ökologie des Menschen“ sprach. In diesem Buch deckt Hartl auf, dass die ökologische Bewegung ausgerechnet beim Menschlichen einen blinden Fleck hat. Es geht nicht bloß ums Überleben des Planeten, sondern um die Frage, wie wir leben wollen. In der jetzigen Zeit ist angebracht, dass man gegen etwas ist. Man ist gegen Klimawandel, gegen Rassismus, gegen Terrorismus…  All das, wogegen man ist, erzählt davon, dass die Welt immer kaputter wird. Im Grunde genommen ist es leicht gegen etwas zu sein. Aber die Frage muss lauten: Wofür sind wir eigentlich? Wie wollen wir letztendlich leben? Es ist wichtig, dass man sich nicht mit den bestehenden Verhältnissen abfindet. Es muss doch ein anderes Leben, ein neues Morgen geben. Johannes Hartl greift auf das biblische Bild des Garten Eden zurück. Warum? Für viele steht der Garten symbolisch für einen Zustand, in den wir uns zurückziehen. Die biblische Geschichte von Adam und Eva im zweiten Kapitel des Buches Genesis, wo die Rede vom Garten Eden ist, spricht nicht nur den gläubigen Menschen an, sondern auch den säkularen Menschen. Der Autor spricht von „Geheimnissen“, die es braucht, „den Garten Eden vital zu halten“. Diese Nährstoffe sind die drei Prinzipien, die unabdingbar sind, um aus einem ungesunden Heute in ein gesundes Morgen gelangen zu können: Verbundenheit, Sinn und Schönheit.

Der Mensch hat eine starke Sehnsucht nach Verbundenheit. Fühlt man sich mit anderen Menschen verbunden, wird das Leben kraftvoll und gestärkt. Es geht auch um die Verbundenheit mit sich selbst, Herz und Kopf in Einklang bringen. Verbundenheit zu Menschen in Freundschaften, Beziehungen – auch in kurzen Begegnungen und ehrlichen Gesprächen. Wir sollten die Verbundenheit mit Gott kultivieren. Man erlebt sein Leben dann nicht einsam für sich. Wer die Verbundenheit mit Gott bewusst lebt, erfährt, dass es mehr gibt als das materielle Leben. Im Kapitel zum Thema Sinn zeigt Hartl, dass das Leben mehr ist als täglich die Alltagsroutine abspulen zu lassen. Ohne Sinn im Leben,  geht der Mensch im Banalen unter. Das schöne Beispiel von Viktor Frankl zeigt, dass man auch mitten im Leid einen Sinn im Leben spürt. Trotz menschlichem Leid hat das Leben durch tiefe Lebensbejahung einen Sinn. Unser heutiger Zeitgeist drückt sich dadurch aus, dass alles schnell gehen muss. Dadurch nimmt die Schönheit im Detail allerdings ab.  Wenn das Leben bloß ein Funktionieren ist, übersieht man sehr schnell den Aspekt der Schönheit. Das Schöne ist eine tiefe Sehnsucht der Seele, die im Grunde für die Seele überlebenswichtig ist. Das vergisst man in einer rein funktionalen und schnelllebigen Gesellschaft. Aber Schönheit braucht Raum zur Entfaltung in Beziehungen, in Orten, in der Kunst. Schönheit geht nicht „mal eben“ und „ schnell schnell“. Johannes Hartl hat dieses Buch für Menschen geschrieben, die sich mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Das Buch bietet starke Gedanken, die an den Glauben an Gott fußen. Wer dieses Buch zur Hand nimmt, entdeckt, dass viel Evangelium darin steckt. Es enthält Potential, dass Menschen neugierig werden und sich für Gott öffnen, aber eben auf eine Weise, die den „Umweg“ über die Philosophie macht. Es braucht diesen Umweg, um Menschen eben dort abzuholen. Es ist lehrreich, dass man am Ende des Buches nicht wieder in den Garten Eden landet, weil am Ende der Bibel etwas Besseres steht als das alte Paradies: Eine Stadt, in der Bäume des Lebens wachsen und kristallklares Wasser fließt. Stadt und Garten zugleich. Eden 2.0 sozusagen. Die Stadt ist etwas anderes als der Turm von Babel, den die Menschen – erstaunlich modern – ja vor allem durch Leistung und Prestige bauen. Das himmlische Jerusalem ist dagegen eine Stadt, die wie ein Geschenk zu uns kommt. Wir müssen und können ihr den Weg bereiten, indem wir uns auf die Ökologie des Herzens kümmern. In unserer Kultur muss Verbundenheit, Sinn und Schönheit Vorrang haben. Nur so sind wir mit dem Geist des Lebens beseelt. Technischer Fortschritt wird nicht abgelehnt, aber am Ende kommt die Stadt vom Himmel her. Hartl beleuchtet die drei Sehnsüchte von Verbundenheit, Sinn und Schönheit und baut Erkenntnisse der Philosophie, Theologie, Psychologie und Kunstgeschichte ein. Er schlägt keine Pauschallösungen vor, sondern regt an Fragen zu stellen, die jeder auf sein eigenes Leben anwenden und beantworten kann. Da Buch ist eine Einladung zu einer neuen Kultur, die fortschrittsskeptisch und zukunftsweisend ist: der Eden Culture.

 

 

Pater Theo Klein SCJ,  Formation diocésain Jean XXIII
 
Autor:
Johannes Hartl
Publicatioun:
2021
Editeur:
Herder
Säitenunzuel:
304
Genren:
Erwachsene